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Das Sunderland-Unternehmen


Beispielhaft für die diversen Flottenvorstöße der deutschen Geschwader sei an dieser Stelle die Durchführung des sog. "Sunderland-Unternehmens" näher beschrieben. Nicht zuletzt, da "Westfalen" hierbei einen Torpedotreffen des britischen U-Bootes "E 23" erhielt:

Das Sunderland-Unternehmen 18./19. August 1916

Admiral Scheer hatte im Mai 1916 ursprünglich eine Beschießung der ostenglischen Hafenstadt Sunderland geplant. Aufgrund der Witterungsbedingungen war eine Aufklärung durch Luftschiffe nicht möglich. Daher entschied er sich zu für eine Operation gegen die englische Handelsschifffahrt, die in der Skagerrakschlacht mündete. Die damalige Planung wurde nicht gänzlich verworfen, sondern von Admiral Scheer in den August des Jahres 1916 verlegt. Bei diesem offensiv angelegen Unternehmen sollte gemäß der generellen Planung, wenn möglich, das Gross der deutschen Hochseeflotte unter günstigen Bedingungen zum Einsatz kommen. Die U-Boote sollten dabei in erster Linie Angriffsaufgaben übernehmen und der englischen Flotte schon auf den Anmarschwegen Verluste zufügen, um einen Kräfteausgleich zu erzielen.

Während des Anmarsches Richtung englischer Ostküste erhielt „Westfalen“ als Schlussschiff der Linie 55 sm nördlich Terschelling Bank Feuerschiff einen Torpedotreffer vom englischen U-Boot “E23“. Das Linienschiff nahm 800 t Wasser und konnte wegen Schottdurchbiegung an der Operation nicht weiter teilnehmen.

Im Vorfeld der Planungen wurde sichere und einwandfreie Geheimhaltung als wesentliche Voraussetzung für einen Operationserfolg erkannt und den beteiligen Einheiten strenge Beschränkungen für den FT-Verkehr aufgegeben. Nach dem Torpedotreffer jedoch, teilte „Westfalen“ die Sachlage per Funkspruch dem Flottenchef mit. Das führte zu einer Einpeilung des Standortes durch die britischen Kräfte, was die bis dahin sehr geringen Informationen über die deutschen Aktivitäten um einen wichtigen Punkt ergänzte und neben der Versenkung des Kleinen Kreuzer „Nottingham“ durch „U 52“ die Entscheidung des britischen Oberbefehlshabers Admiral Jellicoe beeinflusste, mit der Grand Fleet nach Norden abzudrehen. Er befürchtete, in eine deutsche Falle zu laufen. Für die weiteren Geschehnisse dieses Tages war dieser Rückzug von entscheidender Bedeutung. Im Gegenzug nahm Admiral Scheer an, dass seine Anmarschbewegung dem englischen Flottenchef nunmehr bekannt war. Das hinderte ihn aber nicht daran, die Operation wie geplant durch zu führen, und in der Hoffung auf eine günstige Gelegenheit den Gegner zu stellen, weiter westlichen Kurs zu laufen.

Admiral Scheer entließ „Westfalen“ mit 3 Torpedobooten der 2. Halbflottille als Sicherung. Auf dem Rückmarsch in die Deutschen Bucht wurde die „Westfalen“ um 08.45 Uhr erneut vom U-Boot „E 23“ mit einem Torpedo angegriffen. Die Torpedolaufbahn wurde vom Ausguck des begleitenden Torpedoboots „G 196“ erkannt und „Westfalen“ dadurch vor einem zweiten sicheren Torpedotreffer bewahrt. Nach Rückkehr stellte sich „Westfalen“ dem Chef des II. Geschwaders zur Sicherung der Deutschen Bucht zur Verfügung.

Der Weisung der Admiralität folgend, die wertvollen Einheiten der Grand Fleet zu schonen und in der richtigen Befürchtung, dass seine Schiffe über mit deutschen U-Booten besetzte Gebiete gezogen werden sollten, veranlassten Admiral Jellicoe, seinem im Norden stehenden Gros den Rückmarschbefehl zu erteilen. Er schätze die U-Bootgefahr als erheblich ein und erhielt Bestätigung durch die Torpedierung des Kleinen Kreuzer „Falmouth“ während des Rückmarsches durch „U 66“ und „U 63“.  Während der Operation wurden von sechs deutschen U -Booten insgesamt 20 Torpedos abgefeuert, von denen sieben ihr Ziel erreichten.

Die Meldung des Luftschiffes „L 13“ über südlich stehende starke Feindkräfte mit nördlichem Kurs veranlasste Admiral Scheer unter Preisgabe des ursprünglichen Ziels, der Beschießung Sunderlands, hier die Gelegenheit zum Gefecht mit gegnerischen Seestreifkräften zu suchen, deren Bekämpfung er als Bedingung für die Änderung des ursprünglichen Operationsplanes ansah. Allerdings fußte diese Entscheidung auf eine Falschmeldung von „L 13“, da es sich tatsächlich nur um leichte englische Flotteneinheiten handelte. Trotz des unter Fahrterhöhung durchgeführten Vorstoßes nach Süden, wurde keine Fühlung mit dem Gegner  hergestellt. Ein weiteres operieren erschien zwecklos und auch eine Beschießung Sunderlands kam aufgrund der Entfernung nun nicht mehr in Frage. Nach neuen Meldungen aus dem Norden erschien es Admiral Scheer zweifelhaft, dass die gegnerischen Kräfte noch bei Tageslicht gestellt werden konnten. Meldungen über den knappen Brennstoffvorrat einiger Einheiten und die Aussicht auf ein mögliches Treffen mit englischen Zerstörern bei Nacht veranlassen Admiral Scheer dazu die Operation abzubrechen.

Die am 19. August frühmorgens durch den Torpedotreffer von „E 23“ beschädigte „Westfalen“ war bereits am 26. September 1916 wieder einsatzbereit und trat nach Durchführung der notwenigen Übungen am 04. Oktober in den Flottendienst zurück.

Quellen:
vgl. Der Krieg zur See 1914 -18, Band 6, ab Seite 33
vgl. Frost, ab Seite 546