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Das westfälische Train-Bataillon Nr. 7


Unter der Bezeichnung Train verstand man in früheren Armeen den Tross bzw. die bespannten Transporteinheiten des Heeres. Aufgrund voranschreitender Motorisierung nahm die Bedeutung des Trains im 20. Jahrhundert stark ab. Aber selbst heute bezeichnen die österreichische und die schweizerische Armee ihre mit Pferden und Mulis „ausgerüsteten“ Transporteinheiten als Train. Diese kommen heutzutage vor allem im Gebirgskampf zum Einsatz.

Train-Formationen in Preußen

In der preußischen Armee bestanden Traindepots zur Bereithaltung von Wagen, Geschirren und sonstigem Trainmaterial für den Mobilmachungsfall. Besondere Kader zur Ausbildung spezieller Trainsoldaten, geschult im Reiten und Fahren, und von Offizieren, hinsichtlich der Vermittlung besonderer Kenntnisse zur Nachschuborganisation und -leitung, waren nicht vorhanden. Die gesamte Trainorganisation war auf den Mobilmachungsfall ausgerichtet, lediglich in den Ranglisten wurden geeignete Offiziere geführt. Im Bereich des späteren westfälischen VII. Armee-Korps wurde bereits 1779 ein Traindepot in der Festung Wesel angelegt. Im Zuge des Krieges gegen Napoleon wurden 1807 Train-Kompanien eingerichtet. Die neue Heereseinteilung nach den Befreiungskriegen sah dann zwei Traindepots (Wesel und später Münster) pro Armee-Korps mit einer recht kleinen personellen Ausstattung vor.

Weiterentwicklung des militärischen Nachschubs

Aus dem auf Regimentern gestützen Heer, das sich aus dem Land heraus versorgte, wurde im Zuge der Befreiungskriege ein Volksheer mit bislang unbekannten Menschenmassen, die es nun zu versorgen galt. Die bisherige Nachschuborganisation war weder personell noch konzeptionell auf diesen schnellen und gravierenden Wandel im Heereswesen eingestellt und konnte so diesen "modernen" Erfordernissen nicht gerecht werden. In den Befreiungskriegen zeigte sich erstmals auch für die Nachschuborganisation die notwendige Veränderung der Heeresstruktur.

Zudem rekrutierten sich die bisherigen Trainsoldaten aus schlecht ausgebildeten Mannschaften, geführt von Landwehr- oder reaktivierten Offizieren und Unterführern im Halbinvalidenstand. Die Train-Soldaten hatten gegenüber den übrigen Soldaten eine verkürzte Dienstzeit und waren zudem mit veralteten Waffen und qualitativ minderer Ausrüstung ausgestattet. Das zeugt auch von der geringen Wertigkeit, mit der die Armeeführung den Train bemaß. Folge dessen und der auch aus organisatorischen Gründen mangelhaften Leistungsfähigkeit des Trains, war das schlechte Ansehen in der Armee. Die Train-Soldaten waren oft Ziel von Hohn und Spott der kämpfenden Truppe und wurden nicht als gleichwertige Soldaten angesehen.

Insbesondere im Zuge der Mobilmachung der Jahre 1848, 1849 und 1850 stellte man fest, dass die Planungen zur personellen und materiellen Aufstockung der Train-Einheiten, deren Qualität und Organisation im Mobilmachungsfall äußerst unzureichend waren. Erst eine Vielzahl organisatorischer Veränderungen führte zueiner verbesserten Einsatzfähigkeit des Trains. Man erkannte nun deutlich, dass eine optimierte Kampfführung der aktiven Truppe ohne eine gut funktionierende Versorgung mit Nachschubgütern wie Munition, Ausrüstung, Verpflegung, Baumaterial usw. nicht zu gewährleisten war.

Erst die folgenden Maßnahmen führten allmählich zu einer Stärkung der Leistungsfähigkeit der Train-Einheiten der preußischen Arme:

1852: Der erste Schritt zur Erneuerung der Trainorganisation war die Kommandierung von halbjährlich 12 Trainsoldaten zu jedem Kavallerieregiment für eine sechsmonatige Ausbildung im Reiten, Fahren und der Pferdepflege.

1853: Nach dem „Reorganisationsplan für den Train im Frieden“ vom 21. April 1853 wurde über die bestehende Depotorganisation hinaus die Aufstellung von Friedenskadern verfügt. Die noch kleinen Stammformationen der einzelnen Armee-Korps bestanden dann aus den bei der Kavallerie ausgebildeten Trainsoldaten, die nun das Ausbildungspersonal der neuen Kader ausbilden sollten. Dazu wurde ein Trainoffizierkorps geschaffen. Bei jedem Armee-Korps wurde ein Stabsoffizier der Artillerie als Kommandeur der Trainformation ernannt. In Münster wurde der Major a la suite des 7. Artillerie-Regiments Oswald neuer Trainkommandeur des VII. Armee-Korps.

1856: Nach dem „Organisationsplan für den Train im Frieden“ vom 04. November 1856 wurden die Trainstämme in Train-Bataillone umbenannt und direkt dem Generalkommando unterstellt. Ein Bataillon gliederte sich in Bataillonsstab und zwei Kompanien. Standort des Westfälischen Train-Bataillons Nr. 7 war Münster. Die Traineinheiten bildeten ihren Nachersatz selber aus und wurden erst im Mobilmachungsfall auf die volle Kopfstärke gebracht.

1857: Den Train-Bataillonen wurden die neu aufgestellten Militär-Bäckerei-Abteilungen zugeteilt. Das Personal bildeten gelernte Bäcker mir einer einjährigen infanteristischen Ausbildung, die im Mobilmachungsfall die Stämme für die Feldbäckereikolonnen bilden sollten. Im Reorganisatiosnplan wurde erstmaligeine klare Aufgabenteilung der Nachschuborganisation getroffen.

Das VII. Armee-Korps sollte demnach im Mobilmachungsfall die folgenden Einheiten aufstellen:

5 Proviantkolonnen
1 Feldbäckereikolonne
1 Pferdedepot
1 Hauptfeldlazarett für 1200 Kranke
1 Krankenträgerkolonne


Mit weiteren Trainsoldaten wurden ferner die Munitionskolonnen der Artillerie (organisatorisch zur Artillerie gehörig), und der Tross der Truppe aufgestellt.

1859: Anlässlich des Sardinischen Krieges (Österreich – Sardinien/Frankreich) mobilisierte der Deutsche Bund auf betreiben Preußen Teile der Armee. So auf volle Kopfstärke gebracht, wurden die Trainbataillone der aktiven Korps nun im Zuge der Demobilmachung erneut umgegliedert. Im Laufe des Jahres wurden die Etats der Train-Bataillone der nicht aktivierten Armee-Korps angepasst.

Der Etat des Train-Bataillons des VII. Armee-Korps umfasste 1859:

1 Stabsoffizier als Kommandeur
1 Erster Trainoffizier
1 Zweiter Trainoffizier
2 Abteilungsführer
2 Kompanieführer
5 Sekondlieutenants
1 Assistensarzt
1 Zahlmeister
1 Roßarzt
2 Wachtmeister
8 Serganten

21 Unteroffiziere
20 Gefreite und Kapitulanten
16 Gemeine einschl. Trompetern
200 Trainsoldaten
1 Kurschmied
1 Lazarettgehilfe
12 Ökonomiehandwerker
25 Reitpferde
96 Zugpferde
24 vierspännige Wagen
 

1860: Erhöhung der Friedensstärke der Stammformationen, die sechsmonatige Ausbildung im Reiten und Fahren wurde nun bei den Trainformationen selbst ausgeführt. Er wurden zwei Kompanien formiert, die Mannschaften des Trains dienten nun drei Jahre und wurden unter Wegfall der Landwehrabzeichen zu Kombattanten erklärt. Am 04. Juni 1860 wurde das 7. Train-Bataillon Münster aufgestellt. Eine neu geschaffene Traininspektion übernahm die Aufsicht über diese Waffengattung.

1862: Neue Rekrutenzahlen und Reservistenschlüssel: Den Train-Bataillonen wurden ab April halbjährlich 100 Rekruten zugewiesen. Über die von den Train-Bataillonen selber in die Reserve entlassenen Soldaten hinaus, standen zur Deckung des großen Personalbedarfs im Mobilmachungsfall auch Reservisten der Kavallerieregimenter zur Verfügung: Es wurden von den jährlich zu entlassenen Kavalleristen ein Drittel, mindestens aber 50 Soldaten pro Kavallerieregiment der Reserve der Train-Bataillone zugewiesen.

1863: Einführung der Tschakos für die Train-Mannschaften, die Offiziere trugen weiterhin Helme (sog. „Pickelhauben“).

1864: Krieg gegen Dänemark: Düppel, Düppler Schanzen, Alsen

1865: Umbenennung in „Westfälisches Train-Bataillon Nr. 7“

1866: Krieg gegen Österreich und in Süddeutschland: Münchengrätz, Dermbach, Kissingen, Laufbach, Aschaffenburg, Tauberbischofsheim, Beschießung von Würzburg

1866: Aus Abgaben der Train-Bataillone des IV., VII. und VIII. Armee-Korps wird das Train-Bataillon Nr. 11 (Hessen) aufgestellt.

1870/71: Krieg gegen Frankreich, Teilnahme des Westfälischen Train-Bataillons Nr. 7 unter dem Kommando des Majors Freiherr v. Bothmer.

Kriegsgliederung 1870/71 des Westfälischen Train-Bataillons Nr. 7:

Stab
1. Kompanie
2. Kompanie
Lazarett-Reserve Depot
Pferde-Depot
'Feldbäckerei-Kolonne
Proviant-Kolonne Nr.1 und Nr. 4
Feldlazarette 1. bis 12.
Train-Begleit-Eskadron
Infanterie-Munitionskolonne
Artillerie-Munitionskolonne
Korps-Brückentrain

Einsätze und Schlachten 1870: Saarbrücken, Ars Laquenexy, Colombey-Nouilly, Gravelotte-St-Privat, Einschließung von Metz, Rupigny, Bellevue, Les Grandes Tapes, Belagerung von Diedenhofen, Le Quesnel, Amiens, Belagerung von Montmedy, Belagerung von Meziérs,

1871: Bapaume, Rocroy, St.Quentin, Einschließung und Belagerung von Paris, Ognon, Pin, Bayans, Chaffois, Pontarlier

1872 und 1887: Erweiterung der Bataillone auf eine dritteKompanie.

1902: Schaffung von vier Train-Inspektionen. Unterstellungdes Westfälische Train-Bataillons Nr. 7 unter die Train-Inspektion Kassel

1913: Unterstellung unter die Train-Inspektion Hannover. Kommandeur des Westfälischen Train-Bataillons Nr. 7 ist zu dieser Zeit ein Major Zeck. Im Zuge der Heeresvergrößerung Erweiterung der Bataillone auf eine vierte Kompanie.

1914, 01.April: Umbenennung der Train-Bataillone in Train-Abteilungen (resp. der Kompanien in Eskadrons), Angliederung einer 5. Eskadron.

1914 Mobilmachung: Im Frieden bestanden die Traineinheiten als selbstständige Waffengattung. Bei Mobilmachung wurden die Formationen auf volle Kriegsstärke gebracht, aufgelöst und einzeln planungsgemäß innerhalb der Einheiten des Armee-Korps verteilt. Die Kolonnen der Feldartillerie zählten nun in der Regel nicht mehr zum Train, wo hingegen die bespannten Teile der Telegrafentruppe und der Fußartillerie vom Train gestellt wurden.

In Folge der Mobilmachung unterstanden dem VII. Armee-Korps folgende Nachschubeinheiten:

2 Munitions-Kolonnen-Abteilungen mit zusammen 9 Artillerie- und 4 Infanterie-Munitions-Kolonnen
1 Fußartillerie-Munitions-Kolonnen-Abteilung mit 8 Kolonnen
1 Korps-Brücken-Train
2 Train-Abteilungen mit zusammen:12 Feldlazaretten, 6 Proviant-Kolonnen, 7 Fuhrparkt-Kolonnen, 2 Pferdedepots und 2 Feldbäckerei-Kolonnen

Etat des Korps-Brücken-Trains des VII.Armee-Korps:

6 Offiziere
136 Unteroffiziere und Mannschaften
235 Pferde
26 Pontonwagen
2 Bockwagen
10 sonstige Wagen

1914, August: Abrücken der westfälischen Train-Eskadrons in die Aufmarschräume und zunächst behelfsmäßige Verteilung auf die neu zu bildenden Magazin-Fuhrpark-Kolonnen. Diese fasste man mit den ebenfalls im Mobilmachungsfalle neu aufgestellten Artillerie- und Infanterie-Munitions-Kolonnen unter der Bezeichnung „Munitions-Kolonnen und Trains“ zwar nominal zusammen, behielt aber eine verwaltungsmäßige Trennung bei.

Nach dem Ausrücken der aktiven Traineinheiten wurden in Münster die Train-Ersatz-Abteilung Nr. 7 mit 3 Eskadrons eingerichtet. Diese unterstand ebenfalls der Train-Inspektion Hannover.

1915, 1.Mai: Organisatorische Zusammenfassung der Munitions-Kolonnen und der Traineinheiten (Fuhrpark-Kolonnen) unter dem „Komut“, dem „Kommandeur der Munitions-Kolonnen und Trains“.

1918: Rückkehr und Demobilmachung in Münster


Quellen:

vgl. Senger u.Etterlin, ab Seite 168 (Oberleutnant H.Mohr)

vgl. Klüting, ab Seite 141

vgl. Ortenburg, Prömper, Seiten 183/184
vgl. Schwarz, Heeresverpflegung im Wandel der Zeit, drei Teile, in Zeitschrift für Heereskunde 1972
Wikipedia vom 08.10.2011

Grafik: aus Henckel-Tafel VII. Armee-Korps

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