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Kurze Geschichte des stehenden Heeres in Westfalen

 

Westfalen bis 1815

Im Mittelalter unterhielten Territorien und lokale Herrschaften Milizen und Ritter als militärische Kämpfer. Als erste Truppe des „Stehendes Heeres“ in Westfalen kann aber die Haustruppe der Kölner Bischöfe um 1600 bezeichnet werden.

Durch die negativen Erfahren mit den Söldnerheeren des Dreißigjährigen Krieges, der im Westfälischen Frieden von Münster und Osnabrück sein Ende gefunden hat, erkannte man die Notwendigkeit, besser kontrollierbare und persönlich verpflichtete Truppen aufstellen zu müssen. In der Folge entstanden erste Regimenter des niederrheinischen-westfälischen Reichskreis.

In Westfalen wurde bereits 1672 der erste stehende Kavallerieverband durch Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen errichtet. Zur Zeit des spanischen Erbfolgekrieges (1701 - 1714)  hatte die Fürstbischöflich-Münsterische Armee mit sieben Infanterie-Regimentern sowie Kavallerie- und Artillerieformationen Ihre größte Stärke erreicht. Anschließend wurden die Einheiten wieder auf Friedensstärke gebracht und verkleinert. Für den polnischen Erbfolgekrieg 1735, den österreichischen Erbfolgekrieg 1744, den Siebenjährigen-Krieg 1757 und den ersten Koalitionskrieg gegen Frankreich 1793 wurden einige Regimenter wieder voll mobil gemacht. Ab 1769 reduzierte sich die Infanterie in Westfalen auf drei Regimenter, die anderen wurden aufgelöst.

1802 marschierte Blücher in Münster ein und die Soldaten der ehemaligen münsterischen Infanterie wurden in die preußischen Regimenter eingegliedert (vor allem Infanterie-Regiment v. Hagken Nr. 44, weitere Besatzungstruppen in Münster waren: Grenadier-Bataillon v.Hollmann, Füsilier-Bataillone v. Ernest und v. Ivernois). Die Einheiten gingen im Feldzug 1806 in den Weserfestungen oder bei Jena und Auerstedt unter.

Durch die notwendige Neuordnung Europas nach der Ära Napoleons und der Säkularisation in Folge des Wiener Kongresses 1815 kam es zu einer einschneidenden Zäsur im alten, größtenteils katholischen Westfalen. Das Königreich Westphalen, nur in den südlichen Teilen Westfalens und angrenzenden Ländern erst 1807 von Napoleon I. für seinen Bruder Jèrôme geschaffen, existierte nicht mehr. Weite Territorien, insbesondere die linksrheinischen und niedersächsischen Gebiete wurden abgetrennt und die neu gebildete preußische Provinz führte nun alleine den Namen Westfalen fort. Das Fürstentum Lippe verblieb in territorialer Eigenständigkeit.

Das westfälische VII. Armee-Korps

Die eigentliche Geschichte des westfälischen Armee-Korps beginnt 1815 mit dem Sieg über Napoleon. Auf dem Wiener-Kongress wurde ein Teil des napoleonischen Machtgebietes dem Königreich Preussen zugeschlagen, was zu einer Ausweitung des preußischen Teritoriums in Westfalen führte. Der König setzte zunächst zur Verwaltung der zurückeroberten Gebiete zwischen Weser und Rhein General von Heister als Militärgouverneur und Freiherr von Vincke als Zivilgouverneur ein. Mit Erlass der neuen Verordnung über die verbesserte Einrichtung der Provinzialbehörden im April 1815 konstitutionierte sich die neue preußische Provinz Westfalen. Von Heister wurde erster Kommandierender General des westfälischen VII. Armee-Korps und von Vincke Oberpräsident der neuen Provinz Westfalen.

In der militärischen Organisation drückten sich die Veränderungen im Zuge der Herrschaft Napoleons in der Schaffung neuer, westfälischer Regimenter aus, nun unter preußischer Oberherrschaft. Zu den ersten neuen Einheiten die 1813 gegen Napoleon aufgestellt wurden, gehörten die westfälischen Infanterie-Regimenter Nr. 13 in Münster, Nr. 15 in Minden, Nr. 16 in Köln und Nr. 17 in Trier (später Wesel) sowie die 7.  westfälische Artillerie-Brigade in Köln - zusammengefasst unter dem Kommando des westfälische VII. Armee-Korps in Münster.

Die Soldaten und vor allem das Offizierskorps entstammte überwiegend den ostelbischen Gebieten Preußens (das 1. Reserve-Regiment, das spätere Inf.Regimenrt Nr. 13, bestand zunächst vollständig auch ostpreußischen Soldaten, 22 Unteroffiziere und 783 Spielleute und Gemeine). Dieses führte durchaus zu Konflikten mit dem westfälischen Adel und den hiesigen Einwohnern. Dennoch entwickelten sich aus diesen zunächst ostelbischen Regimentern mit der Zeit rein westfälische Truppen.

Die Akzeptanz in der Bevölkerung wurde auch durch das Engagement der frühen Kommandierenden Generale gestärkt, die sich um die Bildung der westfälischen Landwehr verdient gemacht haben. Besonders zu nennen ist hier General von Horn (Kmd.General 1820 -1829) der, zwar vor allem aus militärischen Gesichtspunkten heraus, gegen die Kinderarbeit in den Fabriken intervenierte, aber insbesondere seiner "väterlichen Fürsorge" (Priesdorff) wegen bei seinen rheinischen und westfälischen Soldaten beliebt war. Sein 50jähriges Dienstjubiläum wurde 1824 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung begangen.

Die Provinz Westfalen hatte aufgrund der geografischen Lage an der Westgrenze der preußisch-deutschen Territorien, des späteren Deutschen Reiches, und mit dem wichtigen industrialisierten Ballungsraum Ruhrgebiet und dem landwirtschaftlich geprägten Westfalen eine besondere, auch militärstrategische, Bedeutung für das Königreich Preußen.

Im Zuge diverser Erweiterungen der preussischen Armee wurde auch das VII. Armee-Korps mit immer mehr Einheiten ausgestattet. Aus den zunächst überschaubaren Regimentern wurde durch eine Anzahl von Heeresvermehrungen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts eine umfassende militärische Organisation mit 10 Infanterie-, 4 Artillerie- und 4 Kavallerie-Regimentern sowie Train-, Pionier-, Fußartillerie- und Jägertruppen, die überall in Westfalen und im nördlichen Rheinland garnisonierten. Das Militär war in Preußen tief in den gesellschaftlichen Strukturen verwurzelt und die Soldaten aus dem Straßenbild der westfälischen Städte nicht wegzudenken.

Reichwehr und Wehrmacht

Das Ende des deutschen Kaiserreiches 1918 brachte unter den Vorschriften des Vertrages von Versailles eine grundlegende Veränderung in den militärischen Strukturen des Deutschen Reiches. Die allgemeine Reduzierung der Armee betraf folglich auch die westfälischen Standorte. Gleichzeit mit der personellen Reduzierung wuchsen die militärischen Verwaltungsbezirke. Das nunmehrige neue VI. Armee-Kops mit Sitz in Münster verwaltete auch große Teile Niedersachens bis zur Nordseeküste und Teile des Rheinlandes.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 und einer erneuten Militarisierung der deutschen Gesellschaft ging auch das 100.000 Mann Heer der Reichwehr in der neu geschaffenen Wehrmacht auf.

Nach der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht am 16. März 1935 und der anschließenden Heeresvermehrung vergrößerte sich die neue Wehrmacht sprunghaft in Personal, Ausrüstung und Raumbedarf.

In Westfalen wurde die militärische Neuorganisation unter dem Kommando des erneuerten westfälischen VI. Armeekorps mit Sitz in Münster vollzogen. Die Wehrbezirke wurden neu gegliedert und VI. Armee-Korps reduzierte sich auf seine endgültige Ausdehnung. Die westfälischen Divisionen standen zu Beginn des Zweiten Weltkrieges am Westwall und nahmen anschließend am Frankreichfeldzug teil. Der Krieg führte sie vor allem nach Russland und Teile später nach Italien.

Bundeswehr

Nach dem Ende des Dritten Reiches und der durch die westlichen alliierten Siegermächte gewollten Wiederbewaffnung Deutschlands entstand 1955 die Bundeswehr. Die lange militärische Tradition in Westfalen wurde nun durch I. Korps der Bundeswehr in Münster fortgeführt.

Mit der Integration Deutschlands in die westlichen Bündnisse und einer sich fortlaufend veränderten politischen Welt wuchs die Bundeswehr von einer reinen Armee zum territorialen Schutze Deutschlands zu einer in internationalen Gemeinschaftseinsätzen agierenden Truppe.

Ein aktives Beispiel des zusammenstehen Deutschlands mit seinen Partnern, Freunden und Nachbarn ist auch in Westfalen zu finden: das nunmehr Deutsch-Niederländische Korps mit Sitz in Münster.

 

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